„Weltinnenräume“

 

„Verzeich – Nist – Plätze“

 

Auf den Spuren der Linien zu gehen führt zu überraschenden Orten und Plätzen. „Verzeichnen“ wird zu einem Verlaufen in entlegene Winkel möglicher Vorstellungsräume. „Verzeichnen“ meint nicht nur eine Auflistung bestimmter Orte, sondern auch eine Wahrnehmungsverschiebung in nicht ganz reale Raumsituationen, wobei nicht an ihrer Richtigkeit zu zweifeln ist. Also doch nicht verzeichnet. „Verzeichnet“ heißt auch auf der Klaviatur der Linienvielfalt zu spielen und ihre gemeinsame Existenz nebeneinander anzuerkennen.

 

Im Liniennetz zu gehen und auf der Wanderung auch einen sicheren Nistplatz zu errichten bedeutet für manche Orte eine fast unlösbare bis hoffnungslose Herausforderung.

Die Außen- und Innenarchitektur des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag ist menschenleer und verlassen. In der Auflösung begriffen öffnen sich die Räume für die Unendlichkeit des Universums, vielleicht ein Erkenntnisgewinn oder eine kurze Zeitverschiebung. Ein „Ruf ohne Echo“ verhallt stumm in Besprechungsräumen mit leeren Stühlen ohne Verhandlungspartner. Die Flaggen der Nationen verharren bewegungslos und schweigend in Sternenräumen.  

Feinnervige Nest-Linienstrukturen weben Erinnerungs- und Sehnsuchtsräume über die Zeiten hinweg zu Orten der Kindheit. Kontinente werden überwunden, über Flüsse in Kanada gestiegen und Waldzwischenwelten entdeckt. Den Stammbaumraum betritt man auf der Linie der Ahnen, die so weit zurückreicht, bis ins Unendliche.

 

Carmen Nöhbauer